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XP 2011 – Eindrücke aus den Sessions

18.5.2011 | 9 Minuten Lesezeit

Letzte Woche habe ich die XP2011 in Madrid besucht.

Im Rahmen der Konferenz habe ich an 15 Sessions teilgenommen und werde hier meine Eindrücke schildern. Der unterschiedliche Detailierungsgrad der Eindrücke stellt keine Wertung der Sessions dar, sondern resultiert meist aus meinem eher selektiven Erinnerungsvermögen.

1. Tag – Dienstag der 10. Mai 2011

1. Session: Agile Software Development with Distributed Teams
Tutorial mit Jutta Eckstein

Juttas Fokus lag, auf Grund ihrer praktischen Erfahrungen, auf großen Projekten an denen mehrere Teams beteiligt sind. Daher waren viele der von ihr behandelten Punkte mehr dem Skalierungsproblem, als der Verteilung auf unterschiedliche Standorte zuzuordnen. Die Verteilung verschärft dabei diese Probleme bzw. erschwert die Lösung dieser Probleme. Einige der von ihr erwähnten Punkte haben wir derzeit bei der codecentric nicht, z.B. größere Zeitzonenunterschiede, mehr als zwei beteiligte Standorte, aber auch starke kulturelle Unterschiede (wie beim Off-Shoring).
Sie unterscheidet zwischen zwei unterschiedlichen Formen der Verteilung, die aber auch beide innerhalb eines Projekts auftreten können. In großen Projekten mit mehr als einem Team, können die einzelnen Teams auf unterschiedliche Standorte verteilt werden. In diesem Fall sind „nur“ die Skalierungsmaßnahmen (z.B. Scrum of Scrum) und die Team zu Team Kommunikation von der Verteilung betroffen. Dadurch wird die Skalierung nicht einfacher, die tägliche Arbeit der einzelnen Teams ist aber nur in geringem Maße erschwert. Der zweite viel komplexere Fall besteht aus einem Team in dem sich die Mitglieder auf mehrere Standorte verteilen. Hier ist die tägliche Arbeit direkt durch die Verteilung betroffen, darunter fallen unter anderem Daily Standups, Retrospektiven, Plannungsmeetings, aber auch Pair Programming.
Viele der von Jutta aufgezeigten Lösungsvorschläge wenden wir schon an. Der Wert von regelmäßigen Reisen der unterschiedlichen Teamteile zu den einzelnen Standorten rechtfertigt fast immer die anfallende Reisekosten. Alle Kommunikationskanäle, die möglich sind, sollten auch genutzt werden. Daher lohnt sich ein besonderes Augenmerk auf die Toolausstattung in diesem Bereich.
Mit einigen von Juttas Aussagen habe ich aber auch meine Schwierigkeiten. Zum Beispiel halte ich im Gegensatz zu ihr einen Videokanal in Daily Standups für äußerst wertvoll. Und die Idee der gleichen Augenhöhe aller Beteiligten hinter ihrem Vorschlag: „Kann ein Meetingteilnehmer nur über einen eingeschränkten Kommunikationskanal teilnehmen, sollten sich alle anderen auch auf diesen Kanal reduzieren.“ kann ich zwar nachvollziehen, halte aber die Nachteile, z.B. die Akzeptanz des Meetings, für viel zu groß.
Durch die Mischung von Skalierungs- und Verteilungsfragen fand ich die Session nicht fokussiert genug, sie hat mir aber gute Denkanstöße zu diesem Thema geliefert. Auch die in der Session ausgelösten Diskussionen waren sehr interessant.

2. Session: How to sabotage the Lego City Scrum Game
Workshop mit Olaf Lewitz und Marc Löffler

In dieser Session ging es um Teammitglieder, die eine agile Vorgehensweise behindern oder gar sabotieren. Grundidee hinter der Session war, dass das Verhalten immer aus den vier grundlegenden emotionalen Zuständen Angst, Ignoranz, Faulheit und Agonie resultiert. Mir ist im Laufe der Session aber nicht klar geworden, in wie weit mir diese Vereinfachung wirklich hilft, vor allem wo eine Lösung oft auf die dahinterliegenden Gründe für diese Zustände basiert.
Die Session selber hat auf Grund des Legoanteils riesigen Spaß gemacht. Meiner Meinung nach, sollte das zur Einführung des Vorgehens gedachte Lego City Scrum Game auf das Thema der Session angepasst werden. Eine Aufteilung in kleinere Teams halte ich jedoch nicht für sehr hilfreich, weiterhin waren die Sprints für mich nicht herausfordernd genug. In meinem Team konnte ich alleine ohne große Probleme unsere Sprintcommitments halten. Damit ist mir die eher schlechte Mitarbeit der restlichen Teammitglieder nicht als Problem aufgefallen.

3. Session: ALENetwork Visioning
Im Rahmen des auf der XP2011 stattfindenden ALENetwork Gathering wurde in einer Sondersession nach einer gemeinsamen Vision für das Agile Lean Europe (ALE) network gesucht. Dabei haben wir das StrategicPlay Konzept angewandt und mit Hilfe eines Lego Models diese Vision dargestellt. Das Ergebnis kann man sich als Video anschauen, in dem das Lego Model erklärt wird.

Ich war wirklich beeindruckt von der Energie, die im Lauf der Session zu spüren war. Auch die eingesetzte Methode hat mich überzeugt. Vor allem hätte ich mir im Voraus nie träumen lassen, dass dabei etwas Sinnvolles herauskommt.

2. Tag – Mittwoch der 11. Mai 2011

4. Session: „Still No Silver Bullets“
Keynote von Esther Derby

Ich weiss nicht, ob es daran lag das es die erste Session am Morgen war, aber ich habe die Keynote als extrem langatmig empfunden. Im nach hinein fällt es mir schwer, neue Erkenntnisse aus dieser Keynote zu ziehen.

5. Session: Team Learning
Diese Session bestand aus drei Kurzvorträgen,  von denen ich nur zwei mitbekommen habe.

Learning about learning with the Dreyfus Model
Kurzvortrag von Patrick Kua

Knackiger Vortrag über ein interessantes Lernmodel , welches fünf unterschiedliche Fertigkeitsstufe einführt, und diesen jeweils sehr unterschiedlichen Bedürfnisse fürs Lernen zuordnet. Es hilft sowohl die eigene Situation im Lernumfeld, als auch die Menschen denen man versucht etwas zu vermitteln, zu verstehen.

An amazing Dinner needs a Cookbook, a chef and a Kitchen
Kurzvortrag von Olaf Lewitz

Olaf stellte mit dem Bild vom Kochen dar, dass Regeln und Vorgehensbeschreibung nicht ausreichen, um eine agile Vorgehensweise erfolgreich anzuwenden. Um erfolgreich agil zu agieren, muss man auch ausgebildet und erfahren sein. Zusätzlich ist eine passende Arbeitsumgebung in physischer und, viel wichtiger, auch in organisatorischer und sozialer Hinsicht notwendig. Auch dieser Vortrag hat mir sehr gut gefallen.

6. Session: The Purpose of Leadership and Governance
Vortrag von Jurgen Appelo

Jurgen hat einen Teilbereich seines Buches Management 3.0 sehr ansprechend und kurzweilig präsentiert. Auch einer der Sessions, die eigentlich viel zu kurz war.

7. Session: Purpose and Plans for Agile Lean Europe (ALE) network
World Café moderiert von Jurgen Appelo

In einer sehr aktiven und gut besuchten World Café Session haben wir Aufgaben, Werte und Aktivitäten rund um das neue Netzwerk gesammelt, bewertet und nach engagierten Personen gesucht, die diese weiter treiben wollen.
Die Ergebnisse kann man auf den Seiten des Agil Lean Europe (ALE) network nachlesen.

3. Tag – Donnerstag der 12. Mai 2011

8. Session: What forms of Work and Life Make Sense for Us?
Keynote von Brian Marick

Wieder eine Keynote am Morgen, die mir aber besser gefallen hat als die von Ester. Neben der enthaltenen Tango-Übung zum Thema „Führen und Folgen“, fand ich vor allem die Gedanken zum Thema „Geldwirtschaft vs. Geschenkwirtschaft“ und „Status der Reaktionsbereitschaft“ höchst interessant.

9. Session: People
Wieder eine Session die aus drei Kurzvorträgen bestand.

Challenges to Teamwork: A Multiple Case Study of Two Agile Teams
Kurzvortrag von Viktoria Gulliksen Stray

Dies war eine Vortrag aus dem Forschungsbereich. Er bestand nur aus Zahlen, Zahlen, Zahlen und beinhaltete für mich keine Überraschung. Es wurden zwei Teams betrachtet, die sich weder an die grundlegenden Regeln der Vorgehensmodelle (Scrum und Kanban) hielten, noch den dahinterliegenden Werten folgten. Dabei begründete ein Scrumteam ihre ineffektiven Sprints durch eine unrealistische Planung und „löste“ des Problem, in dem sie auf Kanban umstellten.

Don’t become a Scrum zombie
von Marc Löffler

Die Kernbotschaft dieses guten Vortrags lautete: „Die Werte von Scrum sollten nicht aus den Augen verloren werden“. Diese Werte sind „Commitment“, „Openess“, „Respect“, “Focus” und „Courage”. Weitere angesprochen Punkte waren

  • Im Daily Standup sind die drei Fragen oft nicht hilfreich, da sich die Meisten auf die erste Frage fokusieren und die wichtigeren Fragen nach der Planung und den Hindernissen vernachlässigen. Das Standup-Meeting sollte als Mini-Sprintplanungsmeeting verstanden werden.
  • Den Vorschlag im Sprint Planung I Meeting alle Teilnehmer das Sprintgoal unterschreiben zu lassen, halte ich nur in Ausnahmefällen für sinnvoll.
  • Hauptaugenmerk in der Sprint Planung II sollte es sein, große Tasks zu vermeiden. Sollte eines dieser Meetings an die Mittagszeit grenzen, kann es positiv sein, wenn Essen bereit steht und so der Mittagshunger kein Treiber ist, um das Meeting zu verkürzen.
  • Ein (für mich bisher selbstverständlicher) Punkt für die Sprint Demo ist, dass sich das Team vorbereitet (ca. 1h).
  • Ergebnis einer Retrospektive sollten Aufgaben sein, für die ein Verantwortlicher und ein Datum festgehalten sind.

Get Rid of the Experts and Focus on the Whole
von Marcus Ahnve

Dies war ein kurzer und netter Vortrag mit der (schon bekannten) Kernaussage, das Experten die nur in ihrem Spezialgebiet kompetent sind (auch I Kompetenzverteilung genannt) sich nicht besonders gut als agile Teammitglieder eigenen. Viel hilfreicher ist eine T Kompetenzverteilung in der neben der Spezialgebiet auch Basisfertigkeiten in allen (oder zumindest mehreren) anderen Bereichen vorhanden sind.

10. Session: ALE2011 Conference Berlin
Open Space mit Olaf Lewitz

Extrem produktiver Open Space, in dem innerhalb von einer Stunde die Organisation der ALE2011 Konferenz in Berlin konzipiert wurde.

11. Session: Grumpy Old Agil Coaches
Diskussion moderiert von Rachel Davies

Lustige Diskussionsrunde bei der mehrere agile Coaches, unter anderem Joe Rainsberger, Olaf Lewitz, Kati Vilkki und Mike Hill, auf zwei Parkbänken saßen und Fragen rund ums Agile Coachen diskutiert haben. Thema war zum Beispiel „Wo holen Sie sich Ihre Energie her?“, „Welche Situationen empfinden sie als besonders schwierig?“ oder „Wie gehen sie mit einem stark behindernden Umfeld um?“.

12. Session: Agile Teams
Von den in der Session enthaltenen drei Kurzvorträgen habe ich nur einen mitbekommen.

Supporting Self-Organizing Agile Teams: What’s Senior Management got to do with it?
Kurzvortrag von Rashina Hoda

Dies war wieder ein Vortrag aus dem Forschungsbereich. Wie schon bei dem vorherigen Forschungsvortrag war das Resultat für mich eher unspektakulär. Der Anteil des Vortrags, der die Vorgehensweise der zugrunde liegenden Studie beschreibt, war meiner Meinung nach für nichtwissenschaftliche Zuhörer auch hier viel zu groß (und auch zu zahlenlastig).

13. Session: How can a Network work without a central authority?
Open Space mit Jurgen Appelo

Dieser Open Space fand am besten Ort für einen Open Space statt: in der Bar gegenüber dem Hotel. Wir haben darüber gesprochen, welche zentralen Komponenten für ein soziales Netzwerk, wie das Agile Lean European Network, zwingend notwendig sind. Und wie man so etwas organisiert, ohne solche Dinge wie ein Central Board, einen Verein oder gar eine Firma zu benötigen.

4. Tag – Freitag der 13. Mai 2011

14. Session: You get what you measure
Tutorial mit Ravindar Gujral

Hierbei handelte es sich um kurzweiliges vierstündiges Tutorial rund um Messungen in agilen Projekten. Wir haben in zwei Gruppen in Kurziterationen von 2 Minuten versucht, Schneeflocken aus Papier herzustellen. Dies war eine sehr interessante Übung, in der man einiges an Gruppendynamik, Projektmanagement und agilen Verfahren aufzeigen kann. Für das Thema „Measurement“ waren mir aber die Ergebnisse aus der Übung nicht klar genug. Das lag meiner Meinung vor allem daran, das man in der kleinen Gruppe keine Messwerte brauchte, um den Überblick zu haben.

15. Session: Agile Management: Leadership on an Agile environment
Workshop mit Jurgen Appelo

Aufgrund meines Rückfluges konnte ich leider nur an der halben Session teilnehmen. Diese Hälfte war jedoch aufschlussreich und lustig. Wir haben ein kleines Kartenspiel mit der dahinterliegenden Frage „Wie führt man als Führungskraft Entscheidungen mit und rund um ein Team herbei?“ gespielt. Dabei sind wir von sieben unterschiedlichen Entscheidungsformen ausgegangen: von „Die Führungskraft entscheidet und teilt die Entscheidung mit“ bis zur „Die Führungskraft überlässt die Entscheidung vollständig dem Team“. In Kleingruppen wurden eigene Fallbeispiele vorgetragen und darüber gesprochen, welche Entscheidungsform von den einzelnen Gruppenmitgliedern als sinnvoll erachtet wurde.

Meiner Meinung nach, war es insgesamt eine super Konferenz. Noch mal einen herzlichen Dank an die Organisatoren, Speaker und auch an alle Konferenzbesucher für diese spannenden und anregenden vier Tage.

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