Zutaten: Papier, Stift und eine Portion Mut
Als Kinder malen wir alles, was uns in den Sinn kommt, egal, ob das gut aussieht oder nur als Gekritzel für uns dient. Wir machen Sketchnotes. Wir erklären jedem, den es interessiert, was wir auf den Bildern festgehalten haben. Für uns haben diese Zeichnungen einen höheren Erinnerungswert als die vielen Fotos, die unsere Eltern schießen. Denn wir geben durch diese unseren eigenen Inhalt wieder, einen Teil von unserem Inneren, von unserer Gedankenwelt.
Hierfür braucht es nicht viel: ein paar gute Stifte und gutes Papier – und eine Prise Spaß dabei. Geschehnisse und Erzählungen werden so lebendig. Bilder haben ihre ganz eigenen Botschaften. Diese können wir für uns und für den Rest der Welt anschaulich bereitstellen.
Mit Sketchnotes ist das möglich. Sketchnotes wecken Interesse für ein Thema, sie ziehen Leser und Hingucker in ihren Bann. Ihr könnt mit einfachen Mitteln über ein Thema informieren, Emotionen wecken.
Wir machen aus einem Wochenendspaß eine ernste Angelegenheit
Es beginnt mit einem harmlosen Wochenendausflug nach Hamburg zu unserer „Kritzelfee“. Das Thema: Handlettering und der Einstieg in Sketchnotes. Voller Tatendrang und ausgerüstet mit Stiften und einem Sketchnote-Buch beginnen fünf Menschen eine zweitägige, entspannte Reise durch die Welt der kleinen Zeichnungen.
Etwas albern, sehr gut gelaunt und doch auch ein wenig ehrgeizig gehen wir an die Sache ran: Wir wollen nämlich für uns selbst einen Erinnerungswert und für andere einen Erkennungswert schaffen. Das alles mit möglichst wenig Text, dafür aber mit anschaulichen Sketchnotes. Und wir packen noch ein Quäntchen Humor dazu.
Wie sich später herausstellen wird, ist dieser erste Kurs ein immenser Gewinn für uns Kollegen und für alle, denen wir davon erzählen und denen wir unsere Notes zeigen. Was als Wochenendspaß begann, stellt sich als offensichtlich längerfristige Angelegenheit heraus, die uns im Folgenden nicht mehr loslassen möchte.
Gedanken festhalten
In der Schule werden wir getadelt, wenn wir unsere kleinen Gedankenskizzen machen. Oft lernen wir hier, dass dies ein unerwünschtes Verhalten ist. Dann, wenn wir erwachsen werden, sitzen wir manchmal in ewig langen Meetings, Vorträgen und Gesprächen, die sehr interessant sein können. Aber das Zuhören fordert seinen Tribut: Wir werden müde und unaufmerksam, wir folgen einer Erzählung inhaltlich und machen uns unsere eigenen Gedanken.
Doch unsere eigenen Ideen und Gedanken gehen leicht verloren. Wir versuchen sie aufzuschreiben, vielleicht sogar das soeben Erfahrene auf abstrakte Weise mit unserem Buchstabenwerkzeug festzuhalten. Wir tippen auf unserer Tastatur, doch der Kern geht verloren. Tage, Wochen, Monate später ist das Gehörte verschwommen, wir haben kein Bild mehr davon im Kopf.
Wir können durch die Kombination von Text, Bildern und einer Bildstruktur unseren Kreativprozessen Raum geben. Wir können unsere Kernideen verdeutlichen oder sogar weiterentwickeln.
Als Ergebnis erhalten wir eine umfassende Karte im Kopf, auf der alle Informationen detailliert hinterlegt sind.
Was sind Sketchnotes?
Dieses „sinnvolle Gekritzel“ sind Notizen, die man mit Hilfe der Verbindung der drei Elemente Text, Bild und Struktur erstellt.
Der Text wird oft nicht nur als Aneinanderreihung von Buchstaben verwendet:
Der Text kann in Hierarchien, mit Hervorhebungen und Betonungen eingesetzt werden. Wir nutzen hier die Schrift wie ein Bildelement. Wird das Wort „!STARK!“ geschrieben, ist der Effekt stark und kräftig. Ein zartes „schwach“ dagegen wirkt viel zurückhaltender. Mit kurzen Notizen zeichnen wir das Wesentliche statt akribisch zu dokumentieren.
Bilder sagen mehr als 1000 Worte. Eine stilisierte Uhr, die „Viertel nach zwölf“ zeigt, ist schneller zu erfassen als die aufgeschriebene Uhrzeit.
Die Bilder sind so einfach wie möglich, aus den Grundformen Kreis, Dreieck, Viereck und Linien lassen sich die meisten Formen darstellen.
Damit der Information Halt und Ordnung gegeben wird, braucht es Struktur. Ein wichtiges Element sind Container beziehungsweise Rahmen. Diagramme, Pfeile, Textkästen und Trennlinien bieten eine Palette an Möglichkeiten, dem Bild Struktur zu geben. Container fassen zusammen, kategorisieren und geben einer jeden Sketchnote einen feinen Schliff.
Eine Möglichkeit zur Darstellung eines Handlungsstranges sind Assoziationsketten:
Der Begriff, um den sich das Geschehnis dreht, wird in der Mitte eines Blattes platziert, und alle Begriffe, die damit zusammenhängen, gehen davon ab. Untergeordnete Begriffe werden jeweils in Grüppchen um das zugehörige Wort positioniert.
Das obige Sketching ist ein Beispiel für den Textabschnitt „Was sind Sketchnotes?“
Wozu das Gekritzel ?
Statt langer Notizen findet sich nur das Wesentliche auf einem Blatt Papier. Statt eines Textwustes erscheint die Quintessenz als Skizze. Und es gibt so viele Möglichkeiten, das Aufgenommene darzustellen.
Im Grunde genommen benötigt man für Sketchnotes kein zeichnerisches Talent – allerdings ist die Fähigkeit hilfreich, Ideen mittels Formen, Verbindungen und Text visuell zusammenfassen zu können. Wie schon weise Kunstlehrer sagen: „Mit etwas Technik kann jeder malen.“ Erst die Technik, dann kann die Kreativität frei fliegen.
Mit Hilfe von Sketchnotes kann bereits Gelesenes, Gesehenes oder Gehörtes schnell wieder abrufbar gemacht werden. Ein Thema kann auf einen Blick erschlossen werden und so ein leichterer Einstieg ermöglicht werden. Mit Sketchnotes ist es einfacher, Elemente zu gruppieren und zu hierarchisieren. Diese Vorteile können beim protokollieren von Vorträgen, bei längeren Blog-Artikeln oder Videos hilfreich sein, um das Erfahrene festzuhalten und zu illustrieren.
In der Zeichnung liegt die Würze
Sketchnotes können einige Informationen besser als ein reiner Text liefern.
Ich kann beispielsweise für eine Tour nach Australien die Route folgendermaßen beschreiben:
Berlin-Moskau-Shanghai-Melbourne-Alice Springs-Adelaide-Melbourne-Sydney-Perth-Singapur-Doha-Berlin
Die Sketchnote hierzu gibt uns Betrachtern auf einen Blick eine Orientierung, und es entsteht ein Bild in unseren Köpfen.
Wir ahnen, wo wir uns in etwa räumlich befinden und was uns erwartet (Küste/Meer etc.).
Auch meine Reise mit meinem Freund habe ich in teils witzigen Sketchnotes festgehalten. So erinnern wir uns mehr als nur durch Fotos oder Erzählungen. Die lustigen und einschneidenden Momente können wir uns in einer Bild-Text-Kombi bewahren.
Nicht nur für sich selber, auch anderen kann man seine Sketchnotes zur Verfügung stellen.
Privater Spaß findet Einzug in den beruflichen Alltag
Wir können mit unseren Sketchnotes Zusammenhänge erklären und aufzeigen. Die bildliche, lockere Darstellung erlaubt es uns, über die Sache zu sprechen als etwas Fassbares, als etwas, auf das man zeigen kann. Wir bekommen alle ein ähnliches Bild von einer Erzählung, einer Unterhaltung, eines Meetings oder eines Artikels.
Informativ
Wie wir uns größere Informationsportionen einprägsam und ansprechend merken können, zeigt eine Sketchnote unseres geschätzten Kollegen René Bohrenfeld über den folgenden Artikel: Explaining Agile
Zum einen erleichtert ein Bild die Informationsaufnahme: Mehr als 3/4 der Informationen nehmen wir mit den Augen wahr, Inhalte eines Bildes werden von unserem Gehirn 60.000 mal schneller erfasst als ein einfach geschriebener Text.
Zum anderen erzählt ein Bild eine Geschichte, es ergänzt die Botschaft des (Blog)artikels, die Mitschrift eines Meetings, einer Vorlesung, eines Vortrags.
Mit Hilfe einer bildlichen Darstellung können wir – eher als mit einem Text – unseren Emotionen Ausdruck verleihen, die Essenz des Erlebten wiederspiegeln.
Der erste Praxistest
Vor einigen Monaten habe ich mich bei einer recht konservativen Organisation beworben, bei der bisher Interessenten nur mündlich vorstellig wurden oder aber Powerpointpräsentationen mit bis zu 90 Folien vorführten. Mehr aus revolutionärem Gedanken denn ernsthafter Anwandlung beschloss ich kurz vor meinem Auftritt, mich per Sketchnote vorzustellen. Das Publikum bestand aus 14 Damen und Herren, die nicht den Eindruck erweckten, mich mit offenen Armen empfangen zu wollen.
Ich fertigte nun eine sehr schnelle Skizze an, fotografierte diese und nutzte den Beamer zur Präsentation meiner Vorstellungs-Sketchnote. Den erstaunten Mitgliedern erzählte ich mittels der Bilder meine Geschichte und hatte damit direkt den größten Teil dieser Gruppe für meine Person interessiert: Praxistest bestanden!
Sketchnote-Kurse
Einige Wochen später wurde ich gefragt, ob ich mir vorstellen könne, bei der OOP-Konferenz einen Sketchnotes-Workshop zu geben. Dieses Angebot konnte und wollte ich nicht ausschlagen, denn mittlerweile hatte mich die Welt der kleinen Skizzen schon in ihren Bann gezogen.
Heute genieße ich jeden Tag, an dem ich anderen zeigen darf, wie einfach man seine Gedankenwelt teilen und kommunizieren kann. Und dabei wird nicht nur Zeichenpraxis erworben, der Aufbau all dieser Fähigkeiten macht ungeheuer Spaß. Der Wunsch, diese Erfahrungen mit anderen teilen zu wollen, erschien daher ganz natürlich.
Und da in letzter Zeit bei den Kollegen immer öfter die Frage aufkam „Wie fange ich mit Sketchnotes an?“ haben wir im Kollegenkreis beschlossen, Sketchnotes weiter zu nutzen, zu üben und zu verfeinern. Und wir haben ein großes Ziel: Einen eigenen Kurs gemeinsam zu entwickeln – sowohl zur firmeninternen als auch zur externen Nutzung.
Wenn ihr also in eurer 20%-Zeit mal an einer Gruppe begeisterter, stifthaltender, spaßhabender Kollegen vorbeikommt, die über Zeichen-Pads gebeugt sind: Das sind wir. Seit 6 Monaten mit Begeisterung dabei, malen, sketchen und entwickeln wir weiter unseren Kurs.
Gemeinsam entdecken wir in unseren Sketchnote-Kursen immer wieder lllustrations-Wunderkinder. Das Talent zur bildlichen Darstellung zeigt sich oft unvermutet und weckt die Lust nach mehr!
Die Teilnehmer bekommen von uns einen Leitfaden zur Verfügung gestellt, durch den sie die eigene Informationsaufnahme und -verarbeitung schulen können. Wir geben praktische und einfach umzusetzende Tipps. Wir zeigen, wie man gliedert und Struktur gibt, wie man Textcontainer erstellt und mit Farben Akzente setzt. Der Einstieg in diese Art der Dokumentation fällt da ganz leicht.
Wir bieten einen Kurs für Einsteiger und einen Fortgeschrittenenkurs an. Wenn Ihr Lust habt, es auszuprobieren, schreibt an atilim.siegmund@codecentric.de
Ich bedanke mich sehr bei Anke Schaffrek , Marcel Wolf, René Bohrenfeld und Werner Lieblang und freue mich auf unsere weiteren gemeinsamen Workshops.
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Blog-Autor*in
Atilim Siegmund
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