Usability (UX) und Accessibility (A11y) spielen im Rahmen der E-Mobilität eine ebenso wichtige Rolle wie die Verfügbarkeit von Ladestationen, die Preisgestaltung der E-Autos sowie die Stromkosten für einzelne Ladevorgänge. Studien zeigen 1, dass die Tendenz, in Deutschland ein E-Auto zu erwerben aufgrund weiterhin vorherrschender Vorbehalte, sinkt. Neben den dort genannten Punkten ist eine auch in anderen Ländern präsente Problematik relevant: das Laden von Elektroautos bzw. die Bedienung der Ladestationen. Dies ist in vielen Fällen kompliziert und fehlerbehaftet2,3. Wie Rufo in seinem Artikel 4 schreibt, sind der “einfachere Zugang” sowie das “fehlerfreie, reibungslose Ladeerlebnis zwei wesentliche Schlüssel zur Akzeptanz von Elektrofahrzeugen”, die es zu adressieren gilt. Auch wenn die codecentric AG nicht im Bereich des Produktdesigns und der Produktentwicklung angesiedelt ist, so steht sie für die Beratung und Entwicklung qualitativ hochwertiger Software. Dabei wird der Fokus auf die Lösung des gegebenen Use Case gelegt 5 und der Endnutzer nicht aus den Augen verloren.
Usability und Softwarequalität – ein Game-Changer
In Zusammenarbeit mit unserem ausgegründeten Unternehmen UX&I 6 werden nutzungszentrierte Lösungen in Form von Bedienelementen und Oberflächen erarbeitet, die sich nicht an künstlichen Use Cases abarbeiten sondern reale “User Flows” aufnehmen und digital abbilden. Durch die Anwendung etablierter UX-Praktiken werden hierbei bereits viele Einstiegshürden für Nutzende genommen. Neben Usability-Vorgaben und der Fragen ergeben sich oftmals technische Herausforderungen, die auf einer anderen Ebene abgehandelt und geklärt werden müssen. Ladestationen kommunizieren mit einem CSM-System (Charging Station Management System) über das Internet und nutzen hierfür nicht selten Mobilfunk-Systeme. Das heißt, dass als mögliche Fehlerquellen auch technische Aspekte berücksichtigt werden müssen, wie beispielsweise Verbindungsprobleme oder Kommunikationsfehler zwischen Station und CSMS – und das möglichst transparent für die Anwendenden. Die sichert das Ziel, ein E-Auto beschwerdefrei zu laden. Hier ist neben einem obligatorischen Usertest mit einer real existierenden Ladestation auch das Testen der Software auf den bekannten Ebenen der Testpyramide relevant. Gerade an diesem Punkt ist Softwarequalität entscheidend wichtig. Der Umgang mit erwarteten, aber auch unerwarteten Fehlern, die bei der Benutzung auftreten können, hat entscheidenden Einfluss auf das Ladeerlebnis der Nutzenden. So sollte die Station in der Lage sein, Fehler selbständig zu beheben oder Lösungen implementieren, die nicht auf den Nutzenden zurückfallen. Sollte dennoch eine Interaktion notwendig sein, müssen die Fehlermeldungen so gut sein, dass die nutzende Person diese selbstständig lösen kann.
Robuste EV-Software durch automatische Tests
Im Software-Engineering allgemein, aber auch in den Projekten der codecentric AG hat sich gezeigt, dass eine solide Test-Basis auf verschiedenen Ebenen grundlegend positive Auswirkungen auf die Qualität der implementierten Software hat. Durch die Anwendung der bekannten Testebenen wie Unit-, Integration- und System-Tests wird auf verschiedenen Flughöhen sichergestellt, dass einzelne Aspekte des Gesamtsystems in sich funktional sind und unter den im Test gegebenen Annahmen die erwarteten Ergebnisse liefern. Doch genau an dieser Stelle tut sich eine Lücke auf: Wie testet man das Zusammenspiel zwischen der existierenden Software und einer Ladestation? Es erscheint nicht zuletzt aus finanziellen Gesichtspunkten unpraktikabel, für integrative Tests eine dedizierte Ladestation aufzubauen. Zudem muss die Station für bestimmte Fehler-Konstellationen (fern-)gesteuert werden und der Zustand angepasst werden können. Hier bietet sich der Einsatz von simulierten Ladestationen an. Eine simulierte Umgebung bietet viele Vorteile, da sie skalierbar ist, diverse Fehlerfälle abbildet und bei Bedarf schnell wieder entfernt werden kann. Überdies kann eine simulierte Ladestation bereits neuere Standards des offenen Protokolls “OCPP” (Open Charge Point Protocol) implementieren und die Funktionsfähigkeit bzw. Kompatibilität der Softwarelösung zum gegebenen Standard überprüfen. Das Warten auf Software-Updates der einzelnen Hersteller von Ladesäulen entfällt und man kann frühzeitig anfangen, gegen das neue Protokoll zu entwickeln. Durch die Möglichkeit, in Integrationstests die simulierte Station nach Belieben zu steuern, können außerdem diverse Szenarien fest implementiert und automatisiert abgetestet werden. Regressionen sind hierdurch nahezu ausgeschlossen.
Neben der automatisierten Ansteuerung der Ladestationen kann der Simulator auch verwendet werden, um Demo-Systeme (bspw. für Lade-Apps, CSM-Systeme) oder interne Entwicklungsszenarien darzustellen, ohne auf real existierende Stationen angewiesen zu sein. So simuliert die virtuelle Ladestation in diesem Fall nicht nur deren Existenz, sondern kann auch Ladevorgänge starten, stoppen und Zählerstände eines fiktiven Stromzählers senden und vieles mehr. Hierdurch wird auch die Möglichkeit geschaffen, Rechnungslegungprozesse anzustoßen und zu testen.
Der codecentric-Ansatz
Der Electric Vehicle Charging System Simulator (EVCSS) der codecentric AG, bietet genau für diesen Fall einen passenden Ansatzpunkt: Ein System, das Ladestations-Verhalten simulieren kann und über eine API fernsteuerbar ist. Hierdurch ist es möglich, für automatisierte Integrationstests eine vorkonfigurierte Ladestation anzulegen, Interaktionen an der Station zu simulieren und den Zustand der Ladestation abzufragen. Durch dieses Zusammenspiel kann in Tests von CSM-Systemen oder CSMS-nutzenden Applikationen verifiziert werden, dass Fehlerkonstellationen korrekt abgefangen und so behandelt werden, dass dem letztlich Nutzenden eine sinnvolle Verwendung des gesamten Systems ermöglicht wird.
Fazit
Der Einsatz von simulierten Ladestationen kann einen wesentlichen Baustein in der Entwicklung robuster und nutzerzentrierter Ladeinfrastruktur darstellen, ohne dabei hohe Anschaffungskosten echter Hardware in Kauf nehmen zu müssen. Natürlich ist simuliertes Verhalten nur ein Teil des Gesamtbildes und sollte nicht als Allheilmittel verstanden werden, da der Test unter echten Bedingungen weiterhin im Fokus bleiben muss. Dennoch können auftretende Probleme über den Simulator nachgebildet und automatisiert abgetestet werden, sodass diese zukünftig nicht mehr auftreten können oder eine entsprechende Fehlerbehandlung existiert. Durch den Einsatz simulierter Ladestationen in Kombination mit der Durchführung automatischer Testszenarien kann die Akzeptanz im Bereich E-Mobilität durch robuste Software und einfache Bedienkonzepte erhöht werden. Nicht nur die E-Autos müssen überzeugen, sondern auch ein durchweg positives Erlebnis durch hervorragende Software ermöglicht werden.
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https://www.zdf.de/nachrichten/wirtschaft/e-autos-kauf-beliebtheit-umfrage-100.html ↩
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https://www.greencarreports.com/news/1140533_study-1-in-5-ev-charging-attempts-fails ↩
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https://umu.diva-portal.org/smash/get/diva2:1783054/FULLTEXT01.pdf ↩
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https://uxdesign.cc/the-future-of-ev-charging-2bc6d4a800cd ↩
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von Stephan Köninger
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Blog-Autor*in
Stephan Köninger
IT Consultant & Developer
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